Wichtiges Thema in der Verwaltung

Seit August 2020 ist die Verständigungsnorm 101 «Ordnung für Leistungen der Bauherren» des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA in Kraft. In ihr wird dargelegt, was es bedeutet, Bauherr zu sein, sowie welche Obliegenheiten und Tätigkeiten ihm zugeordnet sind.

Wichtige Führungsaufgabe 
Die SIA Norm 101 bringt es auf den Punkt: Bauherr sein ist eine Führungsaufgabe. Die Leistungen des Bauherrn werden entweder durch ihn selbst oder durch von ihm beauftragte Dienstleister erbracht. Seine Funktion als oberster Entscheidungsträger eines Bauvorhabens kann er dabei aber nicht delegieren. Der Bauherr wird von der Norm auch in Bezug auf die Organisation in die Pflicht genommen, indem er dafür zu sorgen hat, dass für das Projekt qualifiziertes Personal zur Verfügung gestellt wird. Der Bauherr stellt die Projektorganisation auf, inklusive ihrer Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortungen. Weiter legt er fest, wann er welche Entscheide trifft, wer in seiner Organisation dazu legitimiert ist und welche Entscheide er delegiert.

Rolle nach innen und aussen
Dabei kommt dem Projektleiter Bauherr (PL BH) als Linienfunktion innerhalb der Bauherrschaft eine besondere Rolle zu. Der PL BH vertritt den Bauherrn gegenüber Behörden, Planern, Unternehmern und Dritten im Rahmen der ihm erteilten Kompetenzen und ist für die operative Projektführung verantwortlich. Darüber hinaus koordiniert der PL BH die bauherrenseitige Projektorganisation. Die wichtige und zentrale Funktion des PL BH kann auch an einen externen Bauherrenvertreterdelegiert werden. Dieser übernimmt dann auf Mandatsbasis die Funktion des PL BH sowie die Weisungsbefugnis für den Bauherrn.

Wenn Ressourcen fehlen
Die Motivation für die Auslagerung der Rolle des PL BH durch eine Baugenossenschaft an einen externen Bauherrenvertreter kann vielfältig sein. Es zeigt sich jedoch, dass die Hauptgründe oftmals fehlende Ressourcen oder mangelnde Inhouse-Fachkompetenz sind.

Nehmen wir das Beispiel der Geschäftsstelle einer professionell aufgestellten Baugenossenschaft, die sich aufgrund einer Vakanz der Stelle «Leiterin Bau und Unterhalt» Unterstützung für ein grosses Bauvorhaben bei einem Dienstleister holt. Ein anderes Beispiel: Eine kleine Baugenossenschaft kann sich aufgrund ihrer schlanken, semi-professionellen Strukturen die Anstellung einer Baufachperson entweder nicht leisten oder kann einen PL BH zu wenig auslasten. So wird bezüglich Fachkompetenz und Ressourcenverfügbarkeit jeweils nach Bedarf auf externe Unterstützung gesetzt. 

Mehrwerte durch Support
Auch wenn es die Organisation des Bauherrn ermöglicht, die Rolle des PL BH als Linienfunktion selbst wahrzunehmen, kann der punktuelle Beizug einer externen Bauherrenunterstützung (BHU) oder Bauherrenberatung (BHB) einen Mehrwert bieten. So verfügen Dienstleister zum einen über sehr spezifisches Know-how, etwa bezüglich Objektanalysen, Controlling oder Investitionsplanungen. Zum anderen profitieren sie aufgrund der von ihnen betreuten Kunden und Projekte von vielfältigen Erfahrungen und breiten Marktkenntnissen. Dadurch können sie dem Bauherrn praxiserprobte Empfehlungen bezüglich unterschiedlicher Vorgehensweisen und Problemlösungen anbieten. Die BHU/BHB unterstützt den Bauherrn in den ausgewählten Themen als Stabstelle. Die Weisungsbefugnis bleibt dabei jederzeit beim Bauherrn. Unabhängig von der gewählten Organisationsform hängt der Projekterfolg wesentlich vom konstruktiven Zusammenwirken der Projektbeteiligten ab.